Wenig Energie, mehr Effizienz!

Die Firma gab es schon lange, als Moreno Piccolotto vor fünf Jahren mit seiner Ehefrau Janine Vogelsang dieses Planungsbüro übernahm und 2011 den Namenswechsel in 720° Architekten realisierte – die neuen Eigentümer hatten klare Vorstellungen, in welche Richtung sich das Büro entwickeln sollte: «Wir wollten in Gruppen arbeiten und legten von Anfang an grossen Wert auf internen Austausch», skizziert Moreno Piccolotto die neue Philosophie, die er und seine Partnerin ins Unternehmen brachten. Früher werkelte jeder an seinem Projekt, und die anderen des Teams hatten so gut wie keine Ahnung, was das Gegenüber gerade machte. Moreno Piccolotto und Janine Vogelsang änderten die Strukturen und die Abläufe, Projekte werden seither regelmässig intern präsentiert – analog den Zwischenkritiken an Hochschulen. «Durch die Inputs aus dem Team gewinnt ein Projekt an Qualität», erklärt Moreno Piccolotto, der im Zentrum der Büroräumlichkeiten einen mit grossen Präsentationsflächen bestückten «Denkraum» einrichtete.

Ungewollte und gewollte Wechsel

Die Veränderungen waren für einen Teil der Belegschaft zu viel des Guten – einige der langjährigen Mitarbeiter entpuppten sich für die Ideen ihrer neuen Chefs als zu wenig kompatibel und verliessen das Unternehmen früher oder später. Aber auch die Kompatibilität der im Büro über die Jahre gewachsenen CAD-Lösung wurde immer mehr zum Problem. «Bei Neurekrutierungen zeigte sich, dass kaum einer der interessanten Kandidaten Erfahrungen damit hatte. Und wir sahen uns gezwungen, regelmässig Koordinationssitzungen abzuhalten, weil es im alten Programm keine ausgereifte und stabile Teamfunktionen gab. Das war völlig ineffizient», bringt es Moreno Piccolotto auf den Punkt: «Wir evaluierten eine neue CAD-Lösung und entschieden uns vor allem wegen ‚Teamwork‘ und BIM-Server für ArchiCAD. Und für einen systematischen Übergang.» Das heisst, dass die laufenden Projekte auf der alten Lösung zu Ende geführt oder erst nach einem «Milestone» in ArchiCAD überführt wurden. Das erste vollständig in der neuen CAD-Umgebung erarbeitete Projekt ist «Black&White», ein Geschäfts- und Wohnhaus an der Bahnhofstrasse in Pfäffikon SZ.

Weniger Energie verbrauchen

«Black & White»;liegt voll im Zeitgeist, dieses Objekt strebt auf Basis eines umfassenden Energiekonzeptes den Nullenergie-Standard an. Auf dem Dach und bei drei der vier Fassaden prägen Photovoltaik-Panele das Bild. «Unsere Projekte sind schon lange darauf ausgerichtet, dass sie möglichst wenig Energie brauchen», erklärt Moreno Piccolotto und meint: «Es war definitiv an der Zeit, diesen Grundsatz auch auf unsere internen Projektabläufe zu übertragen! Wenn Entwerfer, Planende und Ausführende wie früher mit drei verschiedenen Systemen unterwegs sind, gibt das zwangsläufig Reibungsflächen.» Wobei anzumerken ist, dass für Moreno Piccolotto die Planungsabläufe nicht an der Bürotüre aufhören, sondern auch die weiteren Partner einschliessen – nomen est omen: «720 Grad» steht für den doppelten Rundblick. Die Fachplaner können heute die Grundlagen aus dem Projektmodell holen und darauf ihre Berechnungen tätigen. Die Resultate speisen sie wieder ins System ein. Damit brauchen die 720° Architekten bei der ihrer Arbeit heute viel weniger «Energie», weil eine fehleranfällige Export-/Import-Schnittstelle zunehmend wegfällt und die Prozesse viel effizienter ablaufen. Davon profitieren immer öfter auch die internen Bauleiter: Sie haben vollumfänglichen Zugriff auf die Projektdaten und erhalten – anders als früher – nicht mehr nur physische Planplots. Damit erlebte die Präzision in der Ausführung bei 720° Architekten einen Quantensprung. Und diese ist im energieeffizienten Bauen genauso wichtig wie das bis ins letzte Detail durchdachte Konzept. Sonneneinstrahlung und Schattenverläufe auf das Gebäude simulieren 720° Architekten heute direkt im CAD- System und tasten sich so an die optimale Lösung heran. «Beim energieeffizienten Bauen begibt man sich auf dünnes Eis. Unsere zentrale Aufgabe ist, mit Hilfe unserer Erfahrung und unseren Werkzeugen die Stärke des Eises sicher abschätzen zu können», vergleicht Moreno Piccolotto und schliesst: «Wir wollen bereits in einer frühen Phase wissen, ob eine Konzeptidee grundsätzlich funktioniert oder nicht. Nur so können wir die ökologischen und ökonomischen Aspekte erfolgreich miteinander koppeln.»

 

Roland Eggspühler, medienschaffender Architekt ETH SIA